Der Karmel in Berlin Plötzensee

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Der Karmel in Berlin Plötzensee

Karmel in Berlin-Plötzensee - Widerstand und Versöhnung

aus einem Vortrag von Sr. Gemma Hinricher, Priorin des Karmels von 1982-1990 Die Wurzeln der Gemeinschaft, mit der ich seit sieben Jahren in Berlin-Plötzensee lebe liegen in Dachau. Aber dem Karmel bei der Gedenkkirche Regina Martyrum sind offensichtlich neue Aufgaben gestellt. Schon bald nach unserem Kommen setzten die Anfragen an uns, an unsere Lebensform und an unseren Dienst in dieser Stadt ein. Das ließ uns immer wieder nachdenken über unsere Identität als Schwestern des Karmel Regina Martyrum in Berlin. [nggallery id=7]   Wir verstehen unser Leben und unseren Auftrag zunächst von der Örtlichkeit her, von unserer Zuordnung zu der Gedenkkirche, die ja auch unsere Klosterkirehe geworden ist. Sie wurde in größtmöglicher Nähe zur ehemaligen Hinrichtungsstätte Plötzensee erbaut und erinnert damit an die Untaten und Leiden, die in Beziehung zu Plötzensee stehen; darüber hinaus ist sie der Erinnerung an alle Märtyrer der NS-Zeit gewidmet. Ausdrücklich sind jene gemeint, die sich im Bewußtsein ihrer Verantwortung zum Widerstand gegen den Unrechtsstaat entschlossen und dafür Freiheit und Leben riskiert haben. Der Widerstand mochte darin bestehen, einem ausländischen Kriegsgefangenen ein Stück Brot zuzustecken oder einen Juden zu verstecken und so vor dem Transport in den Tod zu bewahren; es gab die verschiedensten Widerstandskreise, darunter solche, die den Umsturz planten. In einigen dieser Widerstandsgruppen arbeiteten Menschen der verschiedensten religiösen und politischen Richtungen zusammen. Es war möglich, Gegensätze um des gemeinsamen Zieles willen zu überbrücken. Diese Gemeinsamkeit haben viele auch unter der Folter nicht preisgegeben, wenn sie dazu gebracht werden sollten, die Namen der Freunde zu verraten. Sie hat sie in den Gefängnissen gestärkt bei dem zermürbenden Warten auf die Vollstreckung des Todesurteils. Die Frauen und Männer des Widerstands haben Versöhnung praktiziert zwischen den Konfessionen, zwischen gegensätzlichen politischen Richtungen; ja, viele haben ihren Richtern und Henkern ausdrücklich vergeben, wenn auch leider nicht bekannt ist, daß diese sich später der Vergebung bedürftig erklärt hatten.

Erinnerung an die Frauen und Männer des Widerstandes

In der Krypta der Gedenkkirche befindet sich eine Grabstätte, die an diese Märtyrer erinnert. Den meisten von ihnen wurde das Grab verweigert, ihre Asche über die Rieselfelder Berlins verstreut. Gemessen an dem Massenmord an den Juden, dem millionenfachen Mord an Polen und anderen Nationalitäten, war es nur eine Minderheit von Christen und anderen Gegnern des Regimes, die den Mut zum Widerstand besaßen. Es ist sehr still um sie geworden. Hat sich ihr Einsatz gelohnt? Es ist wichtig, wenn wir über Versöhnung, speziell über einen geistlichen Dienst der Versöhnung nachdenken, sich an die Frauen und Männer des Widerstands zu erinnern. Denn Versöhnlichkeit und Versöhnung meinen nicht Anpassung an einen allgemeinen Trend, Kritiklosigkeit und Desinteresse gegenüber dem, was nicht mich selbst betrifft. Der Dienst der Versöhnung besteht auch nicht darin, Konfrontation zu vermeiden und sich nach Möglichkeit zu arrangieren. Er entbindet nicht von der Verantwortung, der Lüge, Rechtlosigkeit und Gewalt zu widersprechen und nach Kräften entgegenzuwirken, auch wo die eigenen Interessen nicht berührt sind. Plötzensee, der Widerstand im sogenannten Dritten Reich machen uns deutlich, daß es Grenzen der Versöhnung unter Menschen gibt, daß Versöhnung nicht um jeden Preis erkauft werden darf, daß auch die Frucht der Versöhnung, der Friede, - wenn er von Dauer sein soll - zusammengehen muß mit einer gerechten Friedensordnung. Vielleicht gehört es zu den Aufgaben einer kontemplativen Gemeinschaft in der Nähe von Plötzensee, diese Spannung zwischen Widerstand und Versöhnung und ihre wechselseitige Zuordnung bewußt zu halten. Dafür brauchen wir die Herausforderung des Evangeliums und speziell der Bergpredigt; nicht, daß wir dort klare Handlungsanweisungen erhielten - die Botschaft Jesu geht in keiner menschlichen Handlung auf - aber wir können im Wort des Evangeliums ganz neue Möglichkeiten entdecken, an der "neuen Schöpfung" mitzubauen.  

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Gedenkkirche
Maria Regina Martyrum

Heckerdamm 230, 13627 Berlin | gedenkkirche@erzbistumberlin.de

Offene Kirche: Täglich 08-18 Uhr